Er würde die Niederlande nicht gegen Dänemark eintauschen wollen, aber an Bitterballen und Bier wird sich der dänisch-spanische Fußballanalyst Kenneth Pérez nie gewöhnen: "In Dänemark wird Geselligkeit anders definiert. Man setzt sich irgendwo nett hin mit einer Tasse Kaffee oder einem Glas Wein." Und wir werden 'Hygge' ein für alle Mal richtig aussprechen.
Text Karine Bloem
Wer ist Kenneth Pérez?
Ich komme ursprünglich aus Dänemark und meine Mutter ist Spanierin, also Pérez. Offiziell heiße ich Dahl Jensen, wie mein Nachname lautet. Wir lebten mit der Familie - ich habe auch einen älteren Bruder - in einem Vorort von Kopenhagen und ich sah so anders aus als all die blonden Kinder dort, also dachte ich, dass Pérez als erster Nachname besser geeignet wäre. Mein Vater war ein Unternehmer und meine Mutter eine Hausfrau. Sie sind immer noch glücklich verheiratet. Ich hatte keinen aufregenden oder schwierigen Hintergrund, wie viele Fußballer, sondern einfach eine normale, schöne Kindheit. Mein Bruder und ich haben immer draußen auf der Straße Fußball gespielt.
Ich habe in Dänemark beim FC Kopenhagen Fußball gespielt, und für meine Fußballkarriere sind wir 1997 mit der ganzen Familie in die Niederlande gezogen. Ich habe bei MVV (Maastricht; Anm. d. Red.) angefangen, kein so großer Verein, aber erste Liga. Wir dachten ein paar Jahre lang, aber das hat sich anders entwickelt, haha.
Ich finde, die Niederlande sind ein wunderbares Land zum Leben, und ich würde jetzt nicht mehr nach Dänemark zurückkehren wollen. Wir haben hier wirklich unsere Nische gefunden. Natürlich vermisse ich den dänischen Humor. Er ist sehr zynisch, man macht sich mit einem Augenzwinkern über den anderen lustig.
Es gibt auch einige typisch dänische Köstlichkeiten, die ich vermisse. Dänische Schokolade, zum Beispiel. Sie ist SO gut! Vor allem die von Anthon Berg, gefüllt mit Marzipan. Es ist einfach eine andere Art von Süßigkeiten als in den Niederlanden. Und Hygge (ausgesprochen wie hû-gah; (Hrsg.) natürlich das dänische Äquivalent zur Geselligkeit. Das sind nicht Bier und Bitterballen! In Dänemark wird Gemütlichkeit anders definiert, nämlich eher so, dass man irgendwo gemütlich bei einer Tasse Kaffee oder einem Glas Wein sitzt. Bier und Bitterballen - oft in Verbindung mit Fußball - ist eine niederländische Angewohnheit, die ich nie zu schätzen gelernt habe.
Trotz meines spanischen Aussehens fühle ich mich meist sehr dänisch. Ein Deal ist ein Deal, ich mag Klarheit. Die spanische 'mañana mañana-Mentalität' passt nicht zu mir. Ich mag sagen, dass ich spanisches Temperament habe, aber mein Vater ist Däne und ebenfalls sehr temperamentvoll. Auch wenn man ein Produkt zweier Kulturen ist, ist man als Mensch nie nur eine Sache.
Die Schule fiel mir leicht, und es stand nicht in den Sternen, dass ich Profifußballer werden würde, aber mein einziges Interesse galt einfach dem Fußball. Es war eine natürliche Entwicklung, deshalb habe ich nie darüber nachgedacht, was ich sonst hätte machen können. Jedenfalls keinen Bürojob! Vielleicht Journalist oder Pilot. Irgendwas mit Freiheit.
Glücklicherweise hat sich die derzeitige Pandemie nicht allzu sehr auf meine Arbeit als Fußballanalystin ausgewirkt. Das ist alles noch im Gange. Im vergangenen März/April war es eine Zeit lang unsicher, aber jetzt hat sich die Frequenz wieder normalisiert.
Ich bin auch dabei, mit einem guten Freund einen Immobilienfonds zu gründen. Er richtet sich speziell an Fußballer. Das sind oft junge Leute, die noch nicht so recht wissen, wie sie mit ihrem Vermögen umgehen sollen. Damit wollen wir verhindern, dass sie ihr Geld verschleudern. Es steckt noch in den Kinderschuhen.
Geschmäcker
Es fällt mir nicht leicht, Menschen zu bewundern, aber ich finde viele Menschen "cool". Meistens sind das Leute, die gut in ihrem Job sind. Wie Matthijs van Nieuwkerk und Wilfried de Jong. Ich fand sie ein 'cooles' Duo, als sie zusammen Holland Sport moderierten (von 2003 bis 2008; Anm. d. Red.).
Ich bewundere eigentlich alle Handwerker. Ob das nun ein Koch ist oder ein Schneider. Menschen, die handwerkliche oder sehr gute Arbeit leisten. Menschen, die ihre Leidenschaft gefunden haben und mit Volldampf vorwärts gehen. Das ist oft ganz spannend, wenn sie dafür Gewissheiten loslassen.
Und okay, im Fußball Michael Laudrup, Dänemarks größter Fußballer (und jetzt Trainer; Anm. d. Red.).
Inspiration
Ich lese gerne Bücher von Ken Follett. Das sind diese tausendseitigen Bücher. Er ist einer dieser Autoren, die einen so sehr mitreißen können, dass man regelrecht an dem Buch klebt. Ich will dann nichts anderes, als die nächste Seite zu lesen, obwohl es so viele andere Ablenkungen gibt, wie zum Beispiel Netflix. Mit Serien habe ich übrigens mehr Probleme als mit Filmen. Die beste Serie, die ich je gesehen habe, ist Entourage. Die ist übrigens nicht von Netflix, sondern von HBO. Sie basiert lose auf dem Leben von Mark Wahlberg. Ich selbst habe ein unglaublich schönes Leben; gute Ehe, nette Kinder, aber ich würde gerne mit ihm tauschen, haha!
Netflix hat sich inzwischen ziemlich verausgabt. Ich liebe Peaky Blinders und Homeland. Im Moment schaue ich mit meiner Frau Firefly Lane, eine neue Serie. Aber mein absolutes Allzeitfavorit ist Friends. Wir haben die Serie etwa 20 Mal gesehen und kommen immer wieder darauf zurück, wenn es nichts zu sehen gibt. Sogar meine Kinder (18 und 21 Jahre alt) haben die Serie total verinnerlicht. Bei den Filmen würde ich "Die Shawshank-Redemption" als Favoriten nennen. Auf dem Fahrrad höre ich das, was Spotify mir vorschlägt. Die Top-Hits von heute. Der letzte Song, den ich mir angehört habe, war von The Kid Laroi, Without You.
Ich halte Ed Sheeran für einen grundsoliden Künstler. Vor allem sein letztes Album Afterglow. Er macht jedes Mal so coole Songs! Und meine Kinder haben einen guten Musikgeschmack, deshalb höre ich oft, was sie hören.
Die Kleidung macht den Mann
Für mich ist Kleidung vor allem praktisch. Damit man nicht nackt auf der Straße herumläuft, haha! Qualität und Komfort stehen an erster Stelle. Ich mag eng anliegende Kleidung, die aber trotzdem Bewegungsfreiheit bietet. Das Hemd, das wir mit Labfresh entworfen haben, ist ein perfektes Beispiel dafür. Privat trage ich hauptsächlich Freizeitkleidung: einen Hoodie und Jeans. Aber von guten Marken. Das kann ein bisschen mehr kosten. Ich kaufe weniger, aber bewusster.
Beruflich werde ich von Pauw gesponsert und ich habe einen Stylisten. Die Klamotten, die ich tragen darf, sind wirklich vom Feinsten. Ich trage dann meistens Hemden von 100 Hands oder Labfresh.
Für Labfresh bin ich ein Botschafter. Kasper (Brandi Petersen, Gründerin - Anm. d. Red.) ist Dänin, und so hat man schnell eine Verbindung. Sie sprachen mich an, ob ich Interesse hätte. Ich war sofort begeistert. Vor allem wegen des technischen Aspekts (flecken- und geruchsneutrales Material -red.) und der Passform. Natürlich ist es auch sehr cool, ein Hemd mit meinem Namen drauf zu haben. Ein eigenes Label bräuchte ich nicht, auch wenn einige (Ex-)Fußballer eines gründen. Das ist nicht mein Interesse. Kleidung ist mir zu kurzlebig.
Armcandy
Meine Traumuhr ist eine Audemars Piguet Ultra Thin. Auf die warte ich im Moment. Es gibt eine riesige Warteliste dafür... Ansonsten trage ich nur meinen Ehering. Ich bin wirklich allergisch gegen diese ganzen Perlenarmbänder. Im Fernsehen gibt es jetzt all diese Männer, die den halben Arm voll haben. Wer hat sich das ausgedacht? Schrecklich!
Heimathafen
Wir leben seit sechs Monaten in Amsterdam. Davor in der Region Gooi. Das ist ein schöner Ort, wenn man kleine Kinder hat, aber unsere Kinder sind inzwischen erwachsen. Der Älteste ist bereits ausgezogen.
Rock Realty hat unsere Einrichtung entworfen. Das Wesentliche. Sehr stilvoll mit Marmor und so. Ich persönlich mag Innenraum-Ikonen, schöne Designstücke wie Eames.
Das skandinavische "Hygge" hat nicht speziell etwas mit Interieur oder Ästhetik zu tun, wie man oft denkt. Es geht vor allem um das Zusammensein. Nehmen Sie diese Picknicktische, die die Leute vor einem Haus/Grundstück in der Nachbarschaft aufstellen. Ich finde das super gemütlich! Das Einladende, das ist es, was es ausmacht.
Ein Traumhaus ist kein Selbstzweck. Das muss man auf die jeweilige Lebensphase abstimmen. Vielleicht ziehen wir irgendwann wieder zurück nach Gooi, um dort freistehend zu leben. Und ein Ferienhaus in Dänemark. Am liebsten in Hornbaek, einem idyllischen Badeort, ähnlich wie Knokke, aber mit mehr Stil.
Räder
Mein Transportmittel ist ein Elektrofahrrad. Toll! Früher hatten wir zwei Autos, aber in Amsterdam braucht man kaum ein Auto. Wir gehen auch sehr viel zu Fuß.
Ich nehme das Auto nur noch, wenn ich zum Golfplatz oder zu ESPN (Sportsender, für den Pérez als Kommentator tätig ist; Anm. d. Red.) fahre.
Ein Porsche 911, das neue Modell, ist absolut das schönste Auto, das je gebaut wurde. Was sie so geschickt machen, ist, dass man denkt, es kann nicht noch schöner werden, und doch schaffen sie es jedes Mal.
Freizeit
In meiner Freizeit spiele ich Golf! Und ich fahre viel Rad, das heißt. Ich schaue mir Gebäude in Amsterdam an. Wir holen uns viel Kaffee zum Mitnehmen, haha! Unser Favorit ist Joe & the Juice (ursprünglich eine dänische Kaffee- und Saftbar; Anm. d. Red.). Aber wir leben noch nicht so lange hier, also ist es immer noch eine Entdeckungsreise durch Amsterdam (zum Mitnehmen) Gastgewerbe. Und natürlich kann man im Moment nicht viel machen, zum Glück kann meine Frau wunderbar kochen!
REISE
Es ist ein Irrglaube, dass man als Fußballer bei Auswärtsspielen in anderen Ländern etwas von diesem Land mitbekommt. Man kommt an, geht ins Hotel, trainiert, spielt ein Spiel und fliegt zurück. Als ich noch Fußball gespielt habe, war ein Strandurlaub zum Ausruhen in Ordnung, aber jetzt, wo ich das nicht mehr muss, liebe ich vor allem Städte. Durch eine Stadt zu schlendern, die Architektur zu genießen, das bunte Treiben. Valencia ist eine fantastische Stadt. Auch Golfreisen machen Spaß. Dann kommt man an die schönsten Orte. Nach Dubai, zum Beispiel. Und Girona. Dort kann man übrigens leckere Tapas essen. Was ich beim Fliegen absolut nicht vermisse, sind diese ganzen Verspätungen und verpassten Anschlussflüge. Das ist immer so lästig! Die erste Reise, die wir so bald wie möglich machen werden, geht mit meiner Frau nach Dänemark. Zu Besuch bei der Familie!