356 OUTLAW
Puristen mit zarten Gemütern sollten diese Seiten besser auslassen. Es war einmal ein begehrenswerter Porsche 356 aus dem Jahr 1960, um den es hier geht. Bis jemand beschloss, den Klassiker rigoros zu zerlegen und seine eigene Vision darauf loszulassen. Das Ergebnis ist dieser 356 'Outlaw'. Mehr Rennwagen als Straßenauto, mehr Einzelstück als 356. Und blitzschnell.Diesen Porsche 356 hat nicht irgendjemand in die Hand genommen. Rod Emory, ein bekannter Name in der Porsche-Welt, ist mit dem Modifizieren von Porsches aufgewachsen. Sein Großvater war in den 1960er Jahren an der Wiege der Tuner-Kultur, sein Vater war der Mann, an den man sich wandte, wenn man seltene Teile für seinen Porsche suchte. Und Rod? Er betreibt das erfolgreiche Unternehmen Emory Motorsports. Ein Unternehmen, das sich ganz dem Bau einzigartiger Porsche 356 widmet.
Bei diesem Porsche 356 ist Emory einen Schritt weiter gegangen, als er es normalerweise tut. Seit Jahren fragt er sich, wie ein 356 aussehen würde, wenn Porsche selbst eine RSR-Version davon gebaut hätte. Das heißt, eine Version speziell für den Rennsport. Mit Hilfe der italienischen Autozubehörmarke MOMO hat Emory die hier gezeigte Kreation entwickelt. Ein Projekt, an dem der Autobauer jahrelang gearbeitet hat, in das er sein ganzes handwerkliches Können und Wissen gesteckt hat und das seinesgleichen sucht.
KOMPENSATIONSANTRIEB
Als Basis wählte Emory einen rostigen Porsche 356 B Coupé von 1960, der so kaputt war, dass er eigentlich nur noch das Dach verwenden konnte. Ja, auch das Chassis des 356 durfte auf die Müllhalde. Der Autobauer entschied sich, stattdessen das Fahrgestell eines Porsche 911 der Generation 964 zu verwenden. Ein längeres und breiteres Chassis, an das die neu zu bauende Karosserie angepasst werden musste. Die Idee: die Linien des 356 beibehalten, aber mit einer rassigen Sauce versehen.
Emory und seine Handwerker walzten Aluminiumbleche von Hand, bis die gewünschten Formen darin zu erkennen waren. Das Ergebnis ist eine fast vollständig maßgeschneiderte Karosserie, die breiter ist und von der eine gehörige Portion Aggression ausgeht. Von der schnittigen Nase mit den abgeflachten Scheinwerfern bis hin zum verlängerten Heck, das absichtlich eine Nummer zu klein wirkt, um die darunter versteckten Leckereien zu verbergen. Schließlich sind die beiden Garrett-Turbos zu beiden Seiten der Auspuffanlage das Beste, was man sehen kann.
Der Motorblock, an dem die Turbos befestigt sind, ist ebenfalls selbst gebaut. Emory nahm den 3,6-Sechszylinder-Boxermotor aus dem 964 als Basis, entfernte aber zwei Zylinder davon. Schließlich soll ein Porsche 356 ja einen Vierzylinder als Kraftquelle haben. In diesem Fall allerdings ein Vierzylinder mit Ausgleichsdrang, denn die beiden bereits erwähnten Turbolader sollten dafür sorgen, dass der kleinere Block in der Leistung nicht nachsteht. Das gelingt, denn der temperamentvolle Block leistet fast 400 PS.
DETAILS UND AUGENZWINKERN
Der 356 RSR Outlaw von Emory ist - dank der Kombination aus einem starken Antriebsstrang und einer Crash-Diät aus leichten Materialien - schnell. Aber darum geht es bei dieser Konstruktion nicht unbedingt. Es geht um die Details, die Anspielungen auf alte Porsche-Rennwagen, die eingebaut wurden. So ist zum Beispiel der Hintern eine Ode an den Porsche 935, das gelbliche Fiberglas an den Lufteinlässen und Pedalen erinnert an den 917, und MOMO fertigte spezielle Fünfspeichenfelgen im Geiste des 956. Mit zentraler Radmutter.
Die Fertigstellung dieses Projekts dauerte Jahre. Sogar Emory selbst nannte seine Kreation einmal "over the top". Ein Auto, das man sich immer wieder ansehen kann, weil es einfach so viel zu sehen gibt. Und wenn man mit dem Anschauen fertig ist - wenn das überhaupt möglich ist - kann man es auch fahren. Schnell, schnittig und am liebsten über gewundene Bergstraßen im Licht der untergehenden Sonne. Kürzlich verabschiedete sich Emory von seinem einzigartigen RSR Outlaw. Für 8,5 Tonnen darf sich nun jemand anderes daran erfreuen.